Als Young Carers [engl. für junge Sorgende] werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bezeichnet, die sich in ihrer Familie regelmäßig um kranke und hilfsbedürftige Angehörige kümmern. Da sind Geschwister mit Behinderung, Eltern mit chronischen Krankheiten, Krebs, Schlaganfall oder Multipler Sklerose (MS). In Deutschland gibt es davon rund eine halbe Million*; in jeder Schulklasse sitzen etwa ein bis zwei Kinder mit Sorge- und Pflegeverantwortung.
Young Carers übernehmen früh im Leben Verantwortung. Und es wird meist immer mehr. Bis die Sorgearbeit schließlich Alltag ist.
Sie schmeißen z.B. den Haushalt, gehen Einkaufen, kochen, räumen auf und putzen. Sie helfen beim An- und Auskleiden und bei der Körperpflege. Und noch viel mehr…
Die Rollen innerhalb der Familie verschieben sich. Oft sorgen Young Carer auch für Geschwister und sind im Einsatz mit Krankenkassen, Behörden oder in finanziellen Angelegenheiten. Das ist `ne Menge Verantwortung!
Young Carer sind ständig im „Stand-by“-Modus! Die Krankheitsgeschichte ihrer Angehörigen strukturiert den Tagesablauf. Für Freizeit, Sport und Party bleibt wenig Platz ;-(
Die jungen Menschen sind sich meist nicht bewusst, dass sie eine außergewöhnliche Belastung haben. Sie helfen, weil es für sie selbstverständlich ist. Und sie wollen nicht, dass andere es erfahren.
Mehrfachnennungen waren möglich, Zahlenangaben in %
Quelle: ZQP-Analyse "Erfahrungen von Jugendlichen mit Pflegebedürftigkeit in der Familie”, Eggert, Lux und Sulmann, 2016
Die Familiensituation beeinflusst die persönliche Entwicklung, Schule und Ausbildung. Manche Young Carers haben Probleme beim Lernen, sind müde, und es fällt ihnen schwer, sich zu konzentrieren. Die Noten werden schlechter, das Klassenziel, der Schulabschluss werden nicht erreicht.
Sich dauerhaft um jemanden zu sorgen, kann psychisch und körperlich stark belasten und krank machen. Nicht selten kommen Schlaf- und Essstörungen vor oder psychosomatische Symptome wie Bauch-, Kopf- oder Rückenschmerzen treten auf. Die Mental Health von Young Carers ist gefährdet, es kann zum Burnout oder Depression kommen.
Sie lernen früh, Verantwortung zu übernehmen - für die Person, um die sie sich kümmern, oder für Geschwister. Sie sind meist reifer als Gleichaltrige.
Sie sind für ihre Familie da und fühlen, dass sie helfen können. Das steigert das Selbstwertgefühl.
Sie identifizieren sich mit ihrer Rolle, ihr Leben hat eine Bestimmung.
Und manchen gibt es auch das Gefühl, „gut auf das Leben vorbereitet zu sein“.
*Zahlen lt. Abschlussbericht „Die Situation von Kindern und Jugendlichen als pflegende Angehörige“, Prof. Dr. Sabine Metzing, 2017